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Laufen nach der Geburt

Ein Beitrag von Silvia Christl

Frau sein – Mutter werden – Sport erleben

Wie koordiniert man das „Mutter werden“ mit dem Wunsch nach Laufen, ohne körperliche Beeinträchtigungen, wie Inkontinenz?

Ich bekam die Gelegenheit eine Hebamme in ihrer Praxis zu besuchen, um mir ihre Erfahrungen und Beobachtungen anzuhören.
Gemeinsam sprachen wir über das Wunder Geburt und über die körperlichen Veränderungen der Frau, die viel Aufmerksamkeit bzw. Achtung wünschen. Als Läuferin findet man sich in einer komplett entgegengesetzten “Energiewelle” wieder. Natürlich ist es für jede Frau eine große Veränderung ein Kind zu empfangen und zu gebären, jedoch könnte ich es mir für Sportlerinnen noch ein Stück herausfordernder vorstellen.
Du trainierst, läufst mehrmals jährlich bei Bewerben mit, brauchst die Bewegung, das Schwitzen, das Erfolgsgefühl, du kennst deinen Körper, du weißt was er kann, du weißt was geht. Und da, auf einmal Übelkeit, Schwindelgefühl, entsetzliche Müdigkeit, du bleibst stehen, legst dich hin, brauchst Ruhe. Die Energie wird von heute auf morgen nach innen gelenkt. Ein neues Leben darf entstehen und fordert deine Aufmerksamkeit, Energie und dein “Einwendigwerden”.

Spür in dich und gib nach. Gib dir Ruhe. Ja, man dürfte in der Schwangerschaft solange laufen, wie es sich gut anfühlt! Meist wird es im 4. Monat schon beschwerlich und unangenehm.
Achte trotzdem gut auf dich und fühle! Geh nicht über körperliche Grenzen.

Die Geburt! Ein Wunder! Dein Körper hat unglaubliche Leistung vollbracht, nun darf er liebevoll, in aller Ruhe, Kräfte tanken und zum Ursprung zurück.

Du befindest dich im Wochenbett, wo du in der 1.-2. Woche die Zeit mit deinem Kind, im Bett, verbringst.
In der Schwangerschaft hat sich das Hormon Relaxin gebildet, das alles weich und weit macht, um den neuen Erdenbürger auch gut auf die Welt zu bringen. Das heißt der Beckenboden ist ganz weich, der Beckenring ist geweitet, die Gebärmutter wird nicht stramm von ihren Bändern gehalten, sondern liegt meist auf der BeBo-Muskulatur auf.
Also gib dir und deinem Körper Zeit und Ruhe, vor allem in den 6-8 Wochen Wochenbett. Ab dann erfreut sich dein Beckenboden an einer Rückbildungsgymnastik, die ihm und deinem gesamten Körper helfen, wieder in Form zu kommen und funktionsfähig zu werden.
Damit die Gebärmutter wieder ihren ursprünglichen Platz einnimmt, braucht sie auch den Halt ihrer Mutterbänder. Ein halbes Jahr brauchen sie, um wieder ihre Ausgangslänge zu erreichen. Darum hört man dann oft auch, dass man ab einem halben Jahr wieder laufen gehen kann. Aber nicht zu voreilig! Falls du dir einen intakten Beckenboden wünscht, und auf Tröpfchen im unteren Bereich verzichten kannst, empfehle ich dir noch weitere Infos.

Muttermilch die Nahrung Nummer 1 für unsere Kleinen.
In der Stillzeit produziert der Körper das Hormon Prolaktin, das ebenso alles weich werden lässt und veranlasst, dass es auch so bleibt.
Natascha van Riet, Hebamme und Eigentümerin eines Geburtshauses, in Steyr, empfiehlt in der Stillzeit eher erschütterungsfreie Sportarten, wie Walken, Schwimmen, Radfahren,… Das Laufen wäre eher problematisch, aufgrund des weichen Gewebes. Aber klare, einheitliche Richtlinien bzgl. Stillen und Laufen findet man leider nicht. Die Meinungen gehen auseinander.
Was noch dazukommt ist, dass es zu einem Milchrückgang kommen könnte, wenn du deinen Ausdauersport zu intensiv betreibst.
Also versuche auch in der Stillzeit ruhig, achtsam und geduldig mit deinem Körper umzugehen!

Wichtige Punkte, für dich als Läuferin und Mutter:→  wenn du wieder mit dem Laufen startest, achte auf einen funktionsfähigen, intakten Beckenboden!→ falls dein BeBo mit dem Laufen noch überfordert sein sollte, schalte einen Gang zurück und kräftige deine Mitte! → falls du fachliche Inputs und eine sichere Begleitung benötigst, hol dir Rat und Hilfe bei Physiotherapeuten (die auf BeBo-Training spezialisiert sind), Hebammen, oder Ärzten!

Zum Schluss noch wesentliches KNOW HOW für einen gesunden, kräftigen Beckenboden:

  • dein BeBo wird es dir danken, wenn du ihn auch schon in der Schwangerschaft trainierst.
  • die Körperhaltung und eine gute Bauchmuskulatur haben großen Einfluss auf einen kräftigen Beckenboden
  • folgende Übung ergab eine deutliche Stärkung des Beckenbodens:
    → beliebige Körperhaltung mit geöffneten Beinen (im Sitzen, Liegen, Knien, Stehen):
    → maximale Anspannung des Beckenbodens 6-8 Sekunden lang
    → anschließend 3-4 kurze Kontraktionen
    → 6 Sekunden Pause
    → 12 x wiederholen
    → 2x täglich in beliebiger Körperhaltung, 12 Wochen lang
    (aus der deutschen Hebammen Zeitschrift 2 -2019; vgl Morkved et al. 2003)
  • KONUSTRAINING:
    Damit könntest du nach dem Wochenbett und der Rückbildungsgymnastik starten. Vaginalkonen (Gewichtskonen) werden in die Vagina eingeführt und du solltest sie einige Minuten halten können. Dieses Training kannst du ganz einfach in deinen Alltag einbauen. (z.B. ELANEE Beckenbodentraining Phase I, später Phase II)

Die Balance zu finden allem gerecht zu werden, ist eine Herausforderung.

Ich hoffe diese Inputs helfen dir, einen klaren Weg für dich zu finden!Auf diesem Wege wünsche ich dir liebe Frau, Mutter, Sportlerin viel Geduld, Kraft und Sicherheit! Alles Liebe

Silvia Christl

(Frau, Mutter, Physiotherapeutin, Läuferin)
PS.: Danke dir, liebe Natascha, für deine Zeit und das tolle Interview!
Natascha Van Riet, MSc